Kulturinstitutionen: Vom Musentempel zum Begegnungsort
Ein unvereinbarer Gegensatz? Eine Kontroverse? Oder tatsächlich unverzichtbar? An der Frage, ob Social Media und Kulturinstitutionen auch nur im Ansatz vereinbar sind, schieden sich noch vor ein paar Jahren die Geister. Denn wie soll beispielsweise das Erlebnis eines Museumsbesuchs durch Social Media ermöglicht werden? Walter Benjamin sprach schon in den 1930er Jahren von dem Verlust der ‘Aura’ eines Kunstwerkes durch dessen technische Reproduktion. Was erst würde Social Media in diesem Zusammenhang anrichten? Immerhin geht doch durch die Reduzierung auf Pixel alles verloren, was ein Museumsding ausmacht: Die Dreidimensionalität, die Echtheit, die Einzigartigkeit, die Wirkung im Raum und auf die Besucherinnen und Besucher – schlicht alles, was sich unter den Begriffen ‘Aura’ und ‘Authentizität’ subsummieren lässt.
Museum und Social Media – zwei unvereinbare Gegensätze? Viele Vertreter von Kulturinstitutionen hätten dem bis vor wenigen Jahren zugestimmt. Aber dann kam Corona. Und die Türen zu den heiligen Hallen blieben verschlossen.
In der Gegenwart ankommen, um zukunftsfähig zu werden
Museen beschäftigen sich naturgemäß häufig mit historischen Dingen. Das heißt aber nicht, dass die Marketingstrategien genauso antiquiert sein dürfen, wie die Objekte. Um zukunftsfähig zu werden, müssen auch Kulturinstitutionen mit der Zeit gehen. Das heißt, Feuilletonartikel in der Tageszeitung sind definitiv keine Maßnahme mehr, die Besucherinnen und Besucher in Scharen in Galerien und Museen lockt. Denn das Publikum von heute und morgen liest keine mehrspaltigen Ausstellungskritiken mehr, es wischt und ‘liked’ sich durch seine Feeds in den sozialen Netzwerken und liest maximal einige Sätze in den Captions. Social Media ist also nicht mehr nur ‘nice-to-have’, sondern das ‘must-have’. Oder mit anderen Worten der Weichensteller für Kulturinstitutionen auf ihrem Weg in die Zukunft. Und wo hier exemplarisch nur das Museum steht, sind natürlich alle Kulturinstitutionen gemeint.
Social Media verleiht Kultur eine neue Dimension
Information, Kommunikation, Interaktion und nicht zuletzt Inspiration. Die Muse muss bei digitalen Vermittlungsangeboten von Kulturinstitutionen via Social Media also nicht außen vor bleiben. Im Gegenteil. Die Bilder, kurzen Videos und Texte, die online mit anderen Nutzerinnen und Nutzern geteilt werden, können inspirieren. Sie können helfen, den eigenen Horizont zu erweitern und einen Zugang zu ‘Kunst und Kultur’ zu finden. Wie leicht das geht, zeigt die ‘Getty Challenge’ des gleichnamigen Museums. Die auf Social Media geteilte Challenge rief dazu auf mit drei Haushaltsgegenständen berühmte Gemälde nachzustellen. Das Resultat: Etwa 100.000 Einsendungen. Nicht nur Sichtbarkeit, sondern Interaktion. Und genau das ermöglicht Social Media. Denn Kultur endet nicht, wenn der Ausdruck kulturellen Schaffens zum Beitrag im World Wide Web wird. Social Media verleiht Kultur vielmehr eine weitere Dimension.